Ein besonderes Erlebnis: ich baute in Daugavpils meine erste kleine Brücke über einen schon leicht zugefrorenen Sumpf.
Eine – objektiv betrachtet – sinnlose Tat, die der ortsansässige Biber sicherlich in den nächsten Tagen wieder “in Ordnung” bringen wird …
Für mich etwas, das mich wärmt und mir wieder ein Stückchen Angst vor meinem großen Traum, meiner großen Liebe Russland genommen hat:
Im Winter gibt nicht nur Kälte, sondern auch ganz neue Wege über gefrorene Sümpfe und Seen!
Unterwegs fühle ich mich einem ständigen Zustand des „nicht-Wissens“ ausgesetzt … ich kann nie genau planen. Ich bin für alle Überraschung und Herausforderung offen, weil ich ja meinen Unterschlupf und bisschen was zu essen immer bei mir trage.
In diesem „nicht-Wissen“ fühle ich, wie sich mein Geist der Unendlichkeit öffnet und ich mit meinem.r Schöpfer.in immer wieder mal ins Gespräch komme.
Hier ist alles anders, neu, ungewohnt, ungewöhnlich.
Jede meiner Wahrnehmungen muss genau geprüft werden.
Weniger zu wissen, heißt mehr zu fragen.
So komme ich ins Gespräch mit mir selbst.
Ich funktioniere nicht mehr wie ein Rädchen im System, sondern fühle mich als Mensch.
Was ist das mit Russland eigentlich?
Ist das ein bisschen Verliebtsein, das mich wachgerüttelt und mich mir selbst vielleicht ein kleines Stückchen naeher gebracht hat oder ist das ein reales Vorhaben?
Manchmal erscheint es mir aussichtslos, mich durch das Dickicht der russischen Einreisebestimmungen zu kämpfen … und dann ist es wieder da … mein unbeschreibliches Sehnen, ich habe mich – ohne exakt zu wissen warum – in dieses geheimnisvolle Russland verliebt.
Ein weiteres, aktuelles Spüren aus diesem Raum des „nicht-Wissens“:
In Russland lebt es sich von den äußeren Lebensbedingungen her sicherlich nicht so komfortabel wie in Europa, aber vielleicht geht es (vor allem natürlich: mir) aktuell gar nicht um Komfort und äußere Umstände?
Vielleicht beschäftigten sich aktuell die meisten Menschen auf der Welt mit Dingen auf der „falschen“ Seite, zu sehr im Außen?
Damit will ich sagen, vielleicht beschäftige ich mich zu sehr mit der Außenwelt?
Unsere Menschheitsgemeinschaft steht vor globalen Herausforderungen, die mir im Außen unlösbar erscheinen.
Vielleicht kann es gar kein fair und gerecht regiertes Land geben, solange die Menschen sich nur im Außen verbessern wollen, mehr Komfort, bessere Lebensbedingen?
Vielleicht schlummern die wahren Herausforderungen im Innen?
Vielleicht kann es im Außen keinen Frieden geben, solange die Menschen auf der Erde nicht tiefen inneren Frieden mit sich selbst gefunden haben, sich akzeptieren, wie sie sind und sich nicht ständig mit den Nachbarn vergleichen und so sein wollen wie alle anderen auch?
Auch hier möchte ich natuerlich ausdrücken, dass ich das mir am meisten für mich selbst wünsche.
Vielleicht können ständige Herausforderungen jenseits der im Westen üblichen Komfortzone sogar ein Geschenk sein oder anders ausgedrückt:
ich fühle mich so wohl als Pilgerer, als Abenteuer, als Wanderer zwischen den Welten, ich kann so mir selbst begegnen und mich so annehmen wie ich bin und ich bin wirklich nicht durchschnittlich …
ich sei „sehr groß und sehr klein“, meinte eine Freundin vor der Abreise …
da bin ich vielleicht ein klein bisschen ähnlich wie Russland und wenn ich das akzeptiere, dann schwindet meine Angst.
„Ich bin der Weg, niemand kommt zum Vater denn durch mich“?, steht in der Bibel, noch immer das meistverkaufte Buch.
Jesus ist plötzlich zwischengeschoben zwischen Geist und Mensch und auf einmal ist der Mensch sündhaft und erlösungsbedürftig?
Eine unglaubliche Geschichte, sie wird uns als Liebe verkauft und ist vielleicht der Beginn des Turbo-Kapitalismus? Sünde ist ein riesiges Geschäftsfeld geworden?
„Ich bin der Weg“, könnte vielleicht auch heißen: Ich bin mein Weg oder ich gehe meinen Weg? Jeder Mensch ist vielleicht aufgefordert genau SEINEN EIGENEN Weg zu finden und zu gehen? Seine eigene Aufgabe zu spüren und diese zu erfüllen, jenseits von Macht, Ruhm, Anerkennung und Geld?
Vielleicht ist alles in Ordnung, d.h. im Wandel? Vielleicht gibt es nichts, vor dem wir als kreative mutige Menschen Angst haben müssten? Wann bin ich mutig und kreativ? Nur dann, wenn ich mich von meiner Sehnsucht nach Anerkennung löse? Vielleicht auch dann, wenn ich es wage, so zu sein, wie ich wirklich bin – und gleichzeitig wahrnehme, wie andere sind und auch, was sie sich von mir wünschen?
Vielleicht ist diese „Gleichzeitigkeit“ ein mutiger Schlüssel in Richtung Geist, ich tue das, wofür ich geboren wurde und ich bin offen für die Bedürfnisse meiner Mitmenschen. Vielleicht sind wir im doppelten Sinne verantwortlich? Für uns selbst UND für die Mitmenschen? Den eigenen Weg gehen und die Belange meiner Mitmenschen spüren?
Zuversicht
Das hätten wir ja aktuell vielleicht nötig.
Die Menschheit ist durch das „Virus der Wirtschaftlichkeit“ momentan dabei, die eigenen Lebensgrundlagen zu zerstören.
Sicher ist: der Mensch wirkt mächtig auf seine Umgebung (Klima) ein – aber gleichzeitig wirkt vielleicht auch die Umgebung (Klima) auf den Menschen ein?
Kann die zusätzliche Energie einer Warmzeit (Klima im Wandel) helfen, dass in komfortablen Überzeugungen festgekettete Menschen zu sich selbst zu finden?
Gibt es ein Anrecht auf Lebensglück?
Oder ist die einzige Freiheit, die die Menschheit hat, ihre eigene Entwicklung zu verzögern?
Ich hab im Jahr 2018 unzählige Videos, Reportagen und Dokumentationen über Russland angeschaut – und dabei ist mir ein Moment am stärksten in Erinnerung geblieben:
Der Film handelte von zwei LKW-Fahrer in Nordsibirien, die auf einem “Simnik” unterwegs waren.
Ein Simnik ist eine Strasse aus Eis, die nur im Winter – hauptsächlich auf zugefrorenen Flüssen – befahrbar ist.
Und auf dieser eisigen Piste begegneten die LKW-Fahrer einem Radler, Richard Loewenherz aus Berlin, der da unterwegs war.
Als ich das sah, dass da ein Mensch mit 80kg Gepaeck auf dem Rad allein vier Wochen im Norden Sibiriens unterwegs war, nun, das machte mir einfach Mut.
Ich schreibe hier, um Mut zu machen. Denen, die meinen Blog lesen und natürlich auch mir selbst.
Vielleicht auch das, was einen Menschen wirklich ausmacht … mein Mut ist grad gefragt, denn es scheint zu klappen mit meinem Visum fuer Russland und vielleicht bin ich ab dem 17.12. für 4 Wochen in Russland – das wäre mein Weihnachtsgeschenk und Herausforderung zugleich.
Ich hab die letzten drei Naechte probehalber draußen geschlafen bei bis zu minus 15 Grad Celcius … und hab nicht gefroren. Schlafsack, Zelt, Isomatte – meine Freunde.
So hatte ich abwechslungsreiche Tage: morgens zwei Stunden Wanderung in die Innenstadt, Unterricht, Arbeit am Computer in der Bibliothek und abends dann wieder zurück in den Wald.
Das ist Galina, meine Sprach – Partnerin.
Nach nun drei intensiven Wochen in Daugavpils hatte ich heute (6.12.) meine letzten beiden Stunden bei ihr.
Eine tolle Lehrerin, Danke!
zweites Mal in Daugavpils:
Mein Traum führt mich … aktuell wieder nach Daugavpils, eine Stadt in einer Region in Europa, in der fast ausschließlich Russisch gesprochen wird!
Sehr geholfen hat mir ein deutscher Kulturverein hier: ERFOLG.
Dort kann ich mich ein wenig nützlich machen.
So gibt es nun einen wöchentlichen Diskussionsabend auf Deutsch.
Es geht auch ohne mich weiter, immer Donnerstags um 18 Uhr
Wir sprechen über kulturelle Unterschiede von Lettland und Deutschland und über die Sowjetzeit hier.
Und ich fand tolle Sprachpartner, mit denen ich mich traf,
um eine Stunde Deutsch und dann eine Stunde Russisch zu sprechen.
Meinen schönsten Moment in den letzten Wochen in Daugavpils erlebte ich bei einem Ausflug.
Am frühen Morgen durchquerte ich barfuß diesen Bach.
Das Eis trug nicht mehr, ich war der Eisbrecher!
In der Stadt zu leben, zu lernen, viele Menschen zu treffen war für mich eine interessante Herausforderung.
Wenn ich wandere und im Zelt übernachte, habe ich oft nur wenige Kontakte.
Hier gab es viele Lichter und ich selbst war auch eines …
Nun sendet mein Körper klare Signale, dass ich wieder mehr Distanz brauche.
Leider!
Die Umgebung ist wunderschön – seit dem letzten Wochenende (16.2.2019) wird es Frühling und es zieht mich wieder raus ins Zelt und in die Natur.
Nach meinen Winterlagern im russischen Dorf und hier in der Stadt wird es wohl Zeit, dass ich mich mal wieder bewege …
Auf Wiedersehen, Komfort …
Daugavpils verabschiedete sich von mir mit herrlichem Wetter.
Meine Sprachpartnerin Tatjana begleitete mich ein Stück … sehr nett.
Wenn ich wieder zurück komme, haben sie und ihr Mann mich zum gemeinsamen Lernen in ihre Wohnung eingeladen – schon wieder waoh, danke!
Doch es war nur am ersten Tag eine Wanderung im Frühling.
Dann wurde es ein Wind und Winter Test.
Wenn ich alles anziehe, was ich habe … ist mein Rucksack leichter!
Und in Sibirien ist es im April vielleicht ähnlich frühlingshaft …
Ich habe Ilze und Oskar auf ihrem Bauernhof kennengelernt!
Auf dem Foto unten begrüßt mich Oskar ganz lebendig …
… bitte zwei Mal gucken!
Die beiden habe ich auf www.helpX.net gefunden, eine Plattform für freiwillige Helfer gegen Kost und Logis.
Zwei besondere Menschen, Ilze macht Musik und Oskar kümmert sich um alte Dächer.
Er stellt Dachschindeln selbst her und gibt Workshops für Menschen,
die sich nachhaltig, günstig und selbst ein Dach bauen wollen.
Auf dem Hof von Ilze und Oskar ist in der Höhe einiges los!
Leider sprachen wir nur Englisch, die Familie spricht lettisch miteinander.
Aktuell fühle ich mich ja da zuhause, wo mein Rucksack ist … und russisch gesprochen wird!
Als ich das erzählte, riefen die beiden ihre Freunde an … und so lerne ich heute Abend Alexei kennen, der spricht Russisch und Deutsch!
Er macht gerade Holz und kann mich als Helfer gut gebrauchen …
An die ganze Gegend: waoh, Dankeschön!
Ab und an habe ich auch im Winter Ausflüge aufs Land gemacht …
wie zu Sebastian.
Auch ein Deutscher … er hat sich hier seinen Traum verwirklicht.
Ende März besuche ich Familie und Freunde in Deutschland.
Anschliessend werde ich von Mitte April bis Mitte Juli in Sibirien (90 Tage mit Ausgangspunkt in Krasnojarsk) sein und dort eine Probewanderungen am Fluss Angara Richtung Osten machen.