vorneweg:
Als ich am Samstag, den 12. Oktober 2024 den Mut fasste, Isabell Münsch (ich kannte sie „nur“ als ein Konzertbesucher) einfach mal anzurufen – da wusste ich, jetzt bin ich wieder da. Ich bin zurück, ich bin angekommen in meiner „neuen/alten“ Heimat Augsburg und kann auch wieder hier Impulse geben und Räume schaffen … ein Konzert mitorganisieren … Danke Leben!
Inzwischen dürfen die Flüchtlinge des Ankerzentrums an der Berliner Allee (ggü. der Kirche St. Andreas) in der Küche des Jugendraums kochen, ein mobiler Backofen für den Stadtteil Herrenbach ist in Planung, im K41 bei Lienus fand sich auf wundersame Weise eine organische Gruppe im Miteinander und ich habe nach zwei Jahren höflichen „Nein“s einen Vortrag über meine Reise in der Stadl-Uni in Unterbergen zugesagt.
Und heute Abend findet das Konzert mit Isabell Münsch in „meiner“ Kirche St. Andreas statt – ich bin seit dem Aufbruch auf meine Reise Mitglied wieder Mitglied der evangelischen Kirche (und der Gemeinde St. Andreas).
mein Traum einer organischen Kirche:
Mit dem „Überbau“ und dem „Gottesbild“ (was wir Christen uns ja eher nicht machen sollen) der ev. Kirche habe ich so meine Schwierigkeiten. Meine „Gottesdienste“ erlebe ich allein in der Natur.
Was ich in der Kirchengemeinde finde, ist Kontakt zu lebendigen Menschen und viele gute Gespräche. Dafür bin ich dankbar und empfinde Zugehörigkeit.
Für mich ist Kirche ein Raum, wo Menschen sich begegnen und einander zuhören.
„Wo zwei oder drei in meinem Namen zusammen kommen, da bin ich mitten unter ihnen“ – dieser Kirchenvers bedeutet für mich, dass Menschen sich friedlich und respektvoll (GEIST-voll) begegnen, sich miteinander austauschen und einander zuhören.
Das war zu der Zeit um Christi Geburt alles andere als selbstverständlich, es war eine politisch brisante Zeit, in der verschiedene Vorstellungen von Politik (Gemeinwohl-Gestaltung) teils gewalttätig auf einander prallten.
Da ist also vielleicht niemand (auch kein Gott?) dabei, wenn Menschen „zusammen kommen“, sondern ich denke/fühle, diese Menschen finden in sich den Raum, einander im GEISTE frei zu begegnen.
Ein Raum, wo Menschen sich tief begegnen und einander wirklich zuhören, braucht Sicherheit.
Es braucht Sicherheit, dass Menschen sich wirklich zeigen können, wie sie sind und sagen können, was sie denken und auch zuhören können, was ihr Gegenüber denkt, das ist meine Überzeugung.
Es geht dabei nicht um eine Diskussion oder ein Streitgespräch, wer Recht hat. Es geht um die Neugier, hmh, ich möchte Dich verstehen, ich möchte nachvollziehen können, wie Du Dir Deine Meinung bildest. Vielleicht teile ich Deine Meinung nicht oder sogar gar nicht, aber ich möchte Dir als Mensch begegnen und es interessiert mich, wie Du zu Deinen Überzeugungen gekommen bist.
Für diese Haltung könnte Kirche Raum schaffen, Angebote machen, einladen. So etwas findet aktuell in meinen Augen eher informell statt oder viel zu selten als Einladung zum „Kirchenkaffee“ (in Verbindung mit Gottesdienst).
Ich bin ein Freund von Impulsen, die Raum schaffen für tiefen Austausch und Begegnung und ich bin ein Gegner von Predigten, die mir ja letztendlich doch sagen wollen, was „richtig“ ist.
Letztendlich geht es um Sicherheit – hier ist ein Raum, wo Menschen sich respektvoll und auf Augenhöhe (auch und gerade mit dem Pfarrer!) begegnen können. Der Pfarrer könnte eine neue Rolle bekommen: er ist auch ein Mensch, der gar nicht so viel mehr weiß als andere und selbst viele spannende Fragen hat – vor allem jedoch sorgt er für die Sicherheit!
Der Pfarrer wird zum „Sicherheitsbeauftragten“ für Respekt. Er lädt ein und hält den Raum. Dies ermöglicht, dass Menschen sich öffnen und einander zuhören.
In diesem sicheren Raum können die heute wichtigen Fragen Ergebnis offen verhandelt werden, ohne dass weitere Verletzungen in der Auseinandersetzung durch Ausgrenzung oder Abwertung entstehen.
- wie wollen wir als Menschen und als Menschheit hin? Was macht „Sinn“?
- wer bin ich?
- wie wollen wir miteinander leben?
Diese Fragen werden aktuell nicht nur sehr konträr beantwortet, sie machen in meinen Augen vielen Menschen sogar Angst. Ich? Was sollte ich wollen? Mich fragt doch eh keiner! „Die“ machen doch eh, was sie wollen… Ich schaue zu, dass ich überlebe!
Kirche könnte einen Raum schaffen, in dem Menschen sich wieder gehört fühlen, sich selbst als wertvoll im Dialog erleben und daraus entsteht sowohl Selbsterkenntnis als auch Gemeinwohl-Gestaltung.
Die organische Verbindung von Selbsterkenntnis und Selbstheilung des Individuums gleichzeitig mit Gemeinwohl-Gestaltung und Politik – das könnte zu einem neuen organischen Miteinander zuerst in der Kirche und dann in der Welt beitragen!
Ich gebe zu, das ist eine Utopie.
Doch bitte: „das ist ja utopisch“ sollte eben nicht gleichgesetzt werden mit: „das ist ja unmöglich“.
„Wenn einer allein träumt, bleibt es ein Traum. Träumen wir aber alle gemeinsam, wird es Wirklichkeit“ (Dom Helder Camara)
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Heilung des Einzelnen und Gestaltung des Miteinanders
sind für mich zwei Seiten derselben Medaille – könnte eine organische Kirche hierfür sichere Räume schaffen?
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Ausklang:
In der evangelischen Kirchengemeinde St. Andreas spüre ich schon etwas von diesem Raum für ein organisches Miteinander. Danke Pfarrer Markus Maiwald mit Kirchenvorstand und Team, dass Ihr so unkompliziert die Kirche für das Konzert geöffnet habt!
Danke auch für die Impulse und den Raum, in der Männergruppe „Wasser des Lebens“ (wo wir uns kennengelernt haben)!
Danke Markus, für Dein immer offenes Ohr, wenn ich mal wieder „Ideen“ habe…!